Tourenbericht 6-tägige hochalpine Hüttenwanderung im Grenzgebiet Schweiz/Italien vom 07.09.2024 bis 12.09.2024
Der Start in die Tourenwoche war um 6 Uhr in Mengen mit dem Stiftungsbus. Bis zum Grenzübertritt nach Österreich war die Mannschaft mit Horst, Paul Hermann, Thomas, Martina, nochmal Thomas, Peter und Tourenführer Matthias vollständig. Bei sehr gutem Wetter stärkte man sich nochmals am Julierpass auf 2284m Höhe bevor der Startpunkt in Maloja am Parkplatz erreicht war. Schuhe wechseln und Rucksack aufgeschnallt ging die Tour ab ca. 11 Uhr über den Schmuggler Erlebnisweg am Lägh Bitabergh vorbei zum Lägh de Cavloc, der an dem Tag stark von italienischen Nichtwanderern besucht war. Vom Seeufer aus Richtung Murettopass waren wir dann schon mit deutlich weniger Begleitern unterwegs. Auf halbem Weg musste eine Schneebrücke unterquert werden, bevor es gen Westen den Hang hinauf ging in Richtung Fornogletscher. Vorbei an mehreren Seen, einer davon wurde von 2 ganz harten Teilnehmern zum Abkühlen genutzt, wurde gegen 17 Uhr die Capanna del Forno (2574m) des CAS erreicht. Tolle Ausblicke auf Gletscher, Nährgebiet und ein Kranz an eindrucksvollen Bergspitzen begleitete uns dann zum Abendessen in die Hütte. Nach einem guten Abendessen mit mäßiger Suppe aber außergewöhnlichem Nachtisch konnte die Nachtruhe angegangen werden. Am 2ten Tag hieß es früh aufstehen, da schlechtes Wetter vorhergesagt war. Um 6 Uhr Frühstück – Start gegen 7 Uhr hinauf in die Sella del Forno nach Italien. Noch vor Erreichen der Passhöhe hieß es sich gegen den ersten Regen zu schützen. Auf 2775m betraten wir Italien. Da hieß es zur Alpe Monte Rosse abzusteigen. Durch Wiesen und Wälder bis in den Talgrund, mal mit mal ohne Regen. Auf einer zu querenden Holzbrücke stand das Übernachtungsziel Rifugio Longoni (2450m) geschrieben. Aber bis dahin sollte es noch lang sein. An der Alpe dell Oro vorbei hinauf auf ein Plateau das von Wasserfällen umgeben war. Die letzte Stunde zum Rifugio zeigte das Wetter nochmals was es heißt wenn es in den Bergen regnet. Ca. 13 Uhr waren alle mehr oder weniger nass auf der urigen kleinen Hütte (ca. 30 Plätze) angekommen. Guliano, Chef der Hütte (zumindest war das seine Einschätzung) bemühte sich sehr um Martinas Wohlergehen. Das Lager zeigte sich außergewöhnlich mit Einzelkojen (etwas zu kurz für den normalen Mitteleuropäer) in 3 Stockwerken. Das Abendessen begann mit bemerkenswerter echt italienischer Minestrone. Rotwein und Nachtisch rundeten den 2ten Gang ab und Kaffee zum Abschluss. Nach einer von Regenmusik begleiteten Nachtruhe musste nach dem italienischen Frühstück (Matthias ist immer noch vom Brot und Kuchen beeindruckt) der richtige Zeitpunkt für den Start gefunden werden. Der Regen hörte zwar auf, allerdings musste dem Sturm getrotzt werden. Wind bis über 100 km/h pfiff über die Jöcher, so dass das Fortkommen gewissen Schwankungen unterworfen war. Der Blick wurde immer wieder von der Nordseite des Monte Disgrazia gefangen, der sich mal mehr oder weniger zeigte. Über die Forcola d’Entova (2738m) konnte das nächste Ziel, das Rifugio Marinelli Bombardieri in der Ferne schon ausgemacht werden. Etwas weiter öffnete sich dann der Blick auf die ersten Gipfel des Bernina Massivs. Piz Scerscen, Piz Roseg, Bernina und die anderen berühmten Gipfel, umrandet von gewaltigen Gletscherfeldern, von der Südseite zu sehen ließ uns immer wieder zum Staunen bringen. Bevor der Schlussanstieg anstand, galt es aber nochmals an die Gletscherbäche abzusteigen. Graue Wassermassen bahnten sich den Weg nach unten. Über massive Holzbrücken ging es in den Gegenanstieg. Zum Schluss noch ein steiler Aufschwung bevor wir vor der großen Hütte standen. Auf 2813m hieß es Einchecken. Der Gastraum hatte schon etwas Historisches mit Holzschwingtüren, Specksteinofen und Holzvertäfelung. Klassisch italienisch auch hier mit prima und secondo piatti, Wein wer wollte, Nachtisch und italienisches Hüttenflair. Die Lager (4 Bett Zimmer) hatten schon ein paar Jahre auf dem Buckel – passte aber zur ganzen Hütte. Kalt duschen war möglich und wurde zum Teil auch genutzt. Die Nacht verlief ohne Wetterkapriolen und nach dem Frühstück war der Punto Marinelli das Ziel. Hinter der Hütte ging es ohne großes Gepäck durch Blockgelände bis auf einen Sattel der Gletscherseen mit Eisschollen zu bieten hatte. Eine wurde auf Tauglichkeit zum Betreten getestet und bestand diesen unter Gesang der ganzen Gruppe. Weiter ging es einen Rücken hinauf zum flachen Gipfel. Hier stand eine kleine Madonna. Der Ausblick bei bestem Wetter auf die ganze Südseite des Berninamassivs zog uns in den Bann. Man musste schon Panoramabilder machen um die ganze Breite abzulichten. Ab dem Joch hatten wir den ersten größeren Schneekontakt, der stellte aber keine größere Schwierigkeit dar. Der Abstieg erfolgte auf gleichem Weg bis zum Rifugio. Dort erhielten wir eine Helikoptervorführung zur Versorgung/Unterhaltung der Hütte. So wie Anflug und Abflug erfolgte wollte keiner mitfliegen. Mit vollem Gepäck starteten wir dann zum Übergang Richtung Rifugio Bagnoni. Nach etwas Höhenverlust erfolgte ein steiler Zwischenanstieg zum Monumento di Alpini von 1917. An der Bochette delle Forbici passierten wir das Rifugio Carate (interessanter Name) bevor es über Garagengroßes Blockwerk in die Forcella di Fellaria (2401m) ging. Von hier war der Gletschertrail für den kommenden Tag super einsehbar. Eine schöne Einstimmung für morgen. Vorher hieß es noch im Refugio Bagnoni anzukommen. Eine nicht ganz so alte Hütte mit schönem Flair und Schlafsaal. Endlich gab es die von Matthias gewünschten Pizzoccheri – sehr lecker. Am Mittwoch stand die Erkundung des Sentiero Glaciogico Marson auf dem Bewegungsprogramm. Dieser führte uns erst über Seitenmoränen an Gletscherseen, von denen aus der massive Rückgang der Gletschermasse in den letzten 30 Jahren vor Augen geführt wurde. Als Höhepunkt standen wir am oberen Gletschersee in den ein Gletscherrest ragte, der auch einige Eisschollen produziert hatte. 2007 gab es den See noch gar nicht, da die Gletscherzunge die Senke noch komplett gefüllt hatte – nur 16 Jahre her. Um die Mittagszeit trieb uns ein unangenehmer kalter Wind – die Sonne war dann immer wieder von Wolken verdeckt zurück zum Refugio. Hier hieß es Gepäck aufnehmen und 400m an 2 Stauseen abzusteigen zur letzten Unterkunft, dem Refugio Poschiavino. Eher schon eine Pension mit 2 4-Bett Zimmern mit Bad im Zimmer. Wir waren die einzigen Übernachtungsgäste und wurden zum Tagesabschluss kulinarisch top versorgt. In der Nacht begann es erneut zu regnen, so dass wir nach dem Frühstück die lange letzte Etappe mit Schirm oder Regenkleidung angingen. Nochmalsd hieß es 650 Höhenmeter hinauf zu steigen ans Tor in die Schweiz – dem Übergang vom Val Malenco ins Val Poschiavo – dem Passo di Campagneda mit 2615m. Dort schneite es und war ungemütlich windig, so dass wir und nicht weiter aufhielten und Richtung Poschiavo den langen Abstieg in Angriff nahmen. 1600m hiununter wurde das Wetter immer besser – es hörte auf zu regnen und mehr und mehr kam die Sonne zum Vorschein. Ab der Häuseransammlung Selva konnte man das Ziel im Talgrund schon ausmachen. Nochmals mit einer Brotzeit gestärkt ging es in die letzte Stunde Abstieg bevor der Bahnhof in Poschiavo erreicht war. Jedem steckte der Abstieg in den Beinen. Die Rückfahrt ins Engadin mit dem Bernina Regional Express war nochmal ein super Abschlusserlebnis mit Einblicken von der Ostseite in die Berninagruppe. In St. Moritz wurde in den Bus umgestiegen und der Transfer nach Maloja befahren. Ab der letzten Haltestelle bevor der Pass ins Begell absteigt durften noch ½ km zum Auto bewältigt werden. Da hieß es andere Schuhe und bequeme Kleidung für die Rückfahrt anzuziehen. Auf der Fahrt zum Julierpass gabs nochmal Ausblicke in die Höhen des Engadin, bevor die Fahrt bei schlechtem Wetter über den Bodensee nach Hause erfolgte. Eine tolle Tourenwoche mit vielen abwechlungsreichen Wegen und Bildern konnten wir mit nach Hause nehmen. Der Dank gilt im besonderen Matthias für die Top Orga, Stimmung und Führung der Tour.
Der Bericht beinhaltet die Eindrücke und Erlebnisse des Autors. Andere Teilnehmer haben eventuell andere Eindrücke mit nach Hause genommen.
Impressionen aus unseren letzten Aktivitäten: